"Dann setzte er sich aber, wie es ihm befohlen war, auf eine Wolke
und begann zu frohlocken"
(Ludwig Thoma: Der Münchner im Himmel)
Welche Rolle sollte Anbetung in unserem Gottesdienst oder gar in unserem Leben spielen? Was ist "Anbetung" überhaupt? Ist es das, womit wir, wie der Münchner im Himmel, die Ewigkeit verbringen sollen? Engel Aloisius bekam eine Harfe und eine Wolke zugeteilt, auf der er, gemäß der "himmlischen Hausordnung" künftig nach einem festen Terminplan "frohlocken" und "Hosianna singen" sollte. Heute sind wir da professioneller: Musikanlage, Beleuchtung und eine Anbetungsgruppe, die vorne einheizt. Nur die Texte blieben dünn.
"Anbetungslieder" bestehen oft zum Großteil oder vollständig aus Schlüsselformulierungen mit geringer Informationsdichte. Zum Einen wird beschrieben, was man gerade tut:
Wir
Zum Anderen beschreibt man, das Gott "groß" ist:
Du (bist)
Statt du/dir/dich geht auch
Dass Gott irgendwie "groß" ist, kann in den Strophen durch Naturgewalten (Feuer, Sturm) oder Beispiele von Größe (z.B. All, Universum, Welt, Schöpfnung, Meer, Licht, Thron) wiederholt werden. Um zu unterstreichen, dass Gott "groß" ist, formuliert man in Kontrast auch "klein vor dir", "(voll) Erfurcht", etc.
Die Schlüsselformulierungen werden im Refrain möglichst oft wiederholt. Zwischen den Liedern kann man Gebete plazieren, wie "Ja Herr, du ..." Es folgen Schlüsselformulierungen, wie z.B. "... bist so groß, wir stehen jetzt vor dir und beten dich an ..."
Es ist schon erstaunlich, dass man Sonntag für Sonntag eine halbe Stunde oder mehr damit verbringen kann, Gott zu erzählen, dass man ihn gerade anbetet und dass diese Anbetung darin besteht zu sagen, dass er groß ist.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Es kann hilfreich und heilsam sein, sich zu vergegenwärtigen, dass Gott über den Dingen steht, dass ihm nichts unmöglich ist, dass er an uns, unseren Sorgen, Problemen und Abgründen nicht scheitert. Und es kann gut und hilfreich sein, das auch emotional durch Musik zu unterstreichen. Aber Anbetung ist mehr als diese Hoffnung und erst recht mehr als ein paar Standartformulierungen, die schnell zu einer Ersatzliturgie ohne Inhalt werden. Anbetung vollzieht man durch sein ganzes Leben. Anbetung ist nicht der "Anbetungsteil". Anbetung eine grundsätzliche Haltung, nicht nur im Gottesdienst oder am Sonntag. Anbetung bedeutet, sich in jedem Augenblick seines Lebens zu fragen, ob man das, was man gerade tut oder tun möchte, auch zur Ehre Gottes tun kann:
"Was immer ihr tut, ob ihr esst oder trinkt oder was es auch sei – verhaltet euch so, dass Gott dadurch geehrt wird" (1.Korinther 10,31)
Für diese Anbetung braucht man keine Anbetungsgruppe und keine teure Musikanlage. Man braucht nicht einmal Musik. In dieser Anbetung bist du selbst die Melodie, an der sich Gott erfreut. Davon kann man dann auch singen, aber die Anbetung ist dann unser ganzes Leben.