Was haben Papst Franziskus, Rudi Dutschke und Jesus gemeinsam? Sie alle stellen aus ihrem Glauben heraus die Vorherrschft des Kapitals in Frage. Bei Dutschke mag das Infragestellen des Kapitals wenig überraschen, was ihn aber aus der Bewegung der sog. 68er mit ihren oft pervertierten Auswüchsen an Abgrenzung, Werteverfall, Bewunderung von Diktatoren und letztlich sogar Terror heraushebt, ist seine Motivation und sein Vorbild, das es ihm ermöglichte auf Menschen zuzugehn, statt sie als Feinde zu bekämpfen:
"Christentum habe ich insofern bis zu meinem Abhauen aus der DDR nie als Staatskirche, nie als Herrschafts-Opium kennengelernt. Es ging immer darum, die Liebe und Hoffnung auf bessere Zeiten nicht untergehen zu lassen."
(Rudi Dutschke: Gekrümmt vor dem Herrn, aufrecht im politischen Klassenkampf: Helmut Gollwitzer und andere Christen. In: Festschrift zum 70. Geburtstag Helmut Gollwitzers, Christian Kaiser Verlag, München 1978, S. 551f)
"Jesus Christus zeigt allen Menschen einen Weg zum Selbst – diese Gewinnung der inneren Freiheit ist für mich allerdings nicht zu trennen von der Gewinnung eines Höchstmaßes an äußerer Freiheit, die gleichermaßen und vielleicht noch mehr erkämpft sein will."
(Rudi Dutschke: Jeder hat sein Leben ganz zu Leben, Tagebücher 1963–1979, 27. März 1964, S. 20)
"Ich bin ein Sozialist, der in der christlichen Tradition steht. Ich bin stolz auf diese Tradition. Ich sehe Christentum als spezifischen Ausdruck der Hoffnungen und Träume der Menschheit."
(zitiert nach Gretchen Dutschke-Klotz: ‘‘Rudi Dutschke. Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben. Eine Biographie.’’ Kiepenheuer und Witsch, Köln 1996, S. 429)
Dutschke hätte seinem Vorbild allerdings konsequenter nacheifern können. Jesus provozierte ebenfalls, aber er verpflichete sich stets der totalen Gewaltlosigkeit. Dutschke distanzierte sich zwar von den gewaltbereiten Genossen ("Vor Gewalt gegen Menschen schreckt er – zwar kein Pazifist, aber in letzter Konsequenz weder Anarchist noch putschistischer Marxist-Leninist, sondern Christ – zurück." Jürgen Miermeister: Rudi Dutschke. Rowohlt, Hamburg 1986, S. 83), hielt sich Gewalt aber als letzte Option für den Kriegszustand offen, sprach von "Stadtguerilla" und ging mit der schon früh erkennbaren Gewaltbereitschaft mancher "Genossen" sträflich naiv um (bis hin zu dem Ausspruch am Grab des RAF-Mitglieds Holger Meins: "Holger, der Kampf geht weiter!" - obwohl bereits für jeden zu sehen war, dass der "Kampf" inzwischen "Terrorismus" heißt). Ein furchtbarer Fehler. Als die RAF zu den Waffen griff, waren die Menschen natürlich nicht mehr für eine Reform der Systeme zu gewinnen. Jesus dagegen lud die Menschen bis zum Schluss ein. Selbst als er ermordet wurde, starb er mit ausgebreiteten Armen. Auch sein "Reich Gottes" als Reform des Systems (vgl. Begriff z.B. bei Walter Rauschenbusch) wurde von einer repressiven Kirchenobrigkeit nach seinem Tode sukzessive pervertiert. Dabei war Jesus selbst stets eindeutig.
Wer die Evangelien in der Bibel liest, wird sich bisweilen die Augen reiben vor Verwunderung. Wie konnte das Christentum nur zur Stabilisierung gesellschaftlicher Ungleichheit und Ausbeutung instrumentalsiert werden?
Schon im alten Testament sollte das Erlassjahr (vgl. Lev 25,8-31) der unkontrollierten Kumulation von Eigentum entgegenwirken. Leider wurde das Erlassjahr im Talmud zugunsten wirtschaftlicher Interessen aufgehoben (Mischnah Schebiit 10,3, Gittin 4,3).
Auch Jesus kritsiert immer wieder die herrschenden Umstände, erinnert sogar an das Erlassjahr (Lukas 4,18-21 in Bezug auf Jesaja 61,1-2), aber er ruft nicht zum Klassenkampf auf. Er geht auf die Menschen zu:
"Jesus zog mit seinen Jüngern durch Jericho. Dort lebte ein sehr reicher Mann namens Zachäus, der oberste Zolleinnehmer. Zachäus wollte Jesus unbedingt sehen; aber er war sehr klein, und die Menschenmenge machte ihm keinen Platz. Da rannte er ein Stück voraus und kletterte auf einen Maulbeerbaum, der am Weg stand. Von hier aus konnte er alles überblicken. Als Jesus dort vorbeikam, entdeckte er ihn. "Zachäus, komm schnell herab!", rief Jesus. "Ich möchte heute dein Gast sein!" Eilig stieg Zachäus vom Baum herunter und nahm Jesus voller Freude mit in sein Haus. Die anderen Leute empörten sich über Jesus: "Wie kann er das nur tun? Er lädt sich bei einem Gauner und Betrüger ein!" Zachäus aber sagte zu Jesus: "Herr, ich werde die Hälfte meines Vermögens an die Armen verteilen, und wem ich am Zoll zu viel abgenommen habe, dem gebe ich es vierfach zurück." Da sagte Jesus zu ihm: "Heute hat Gott dir und allen, die in deinem Haus leben, Rettung gebracht. Denn auch du bist ein Nachkomme Abrahams. Der Menschensohn ist gekommen, Verlorene zu suchen und zu retten."
(Bibel, Lukasevangelium, 19, 1-10)
"Häuft in dieser Welt keine Reichtümer an! Ihr wisst, wie schnell Motten und Rost sie zerfressen oder Diebe sie stehlen! Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, die unvergänglich sind und die kein Dieb mitnehmen kann. Wo nämlich eure Schätze sind, da wird auch euer Herz sein."
(Bibel, Matthäusevangelium, 6, 19-21)
"Jesus sah ihn voller Liebe an: "Etwas fehlt dir noch: Verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen. Damit wirst du im Himmel einen Reichtum gewinnen, der niemals verloren geht. Und dann komm und folge mir nach!" Über diese Forderung war der Mann tief betroffen. Traurig ging er weg, denn er war sehr reich. Da schaute Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: "Wie schwer ist es doch für die Reichen, in Gottes neue Welt zu kommen!"
(Bibel, Markusevangelium, 10, 21-23)
"Dann wandte er sich an alle: "Hütet euch vor der Habgier! Wenn jemand auch noch so viel Geld hat, das Leben kann er sich damit nicht kaufen." An einem Beispiel erklärte er seinen Zuhörern, was er damit meinte: "Ein reicher Gutsbesitzer hatte eine besonders gute Ernte. Er überlegte: 'Wo soll ich bloß alles unterbringen? Meine Scheunen sind voll; da geht nichts mehr rein.' Er beschloss: 'Ich werde die alten Scheunen abreißen und neue bauen, so groß, dass ich das ganze Getreide, ja alles, was ich habe, darin unterbringen kann. Dann will ich mich zur Ruhe setzen. Ich habe für lange Zeit ausgesorgt. Jetzt lasse ich es mir gut gehen. Ich will gut essen und trinken und mein Leben genießen!' Aber Gott sagte zu ihm: 'Du Narr! Noch in dieser Nacht wirst du sterben. Wer bekommt dann deinen ganzen Reichtum, den du angehäuft hast?' So wird es allen gehen, die auf der Erde Reichtümer sammeln, aber mit leeren Händen vor Gott stehen."
(Bibel, Lukasevangelium, 12, 15-21)
"Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon."
(Bibel, Matthäusevangelium, 6, 24)
Und nach Jahrhunderten der Prunksucht und Macht und der Anbiederung an die Kapitalträger, kehrt auch die katholische Kirche wieder zurück zu ihren Ursprüngen: Raus aus den goldenen Pantoffeln, rein in die Sandalen des Fischers Petrus um die Welt wieder aus dieser Perspektive zu sehen. So schreibt Papst Franziskus:
"Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Strasse zu leben, erfriert, während eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht. (...) Einer der Gründe dieser Situation liegt in der Beziehung, die wir zum Geld hergestellt haben, denn friedlich akzeptieren wir seine Vorherrschaft über uns und über unsere Gesellschaften. Die Finanzkrise, die wir durchmachen, lässt uns vergessen, dass an ihrem Ursprung eine tiefe anthropologische Krise steht: die Leugnung des Vorrangs des Menschen! Wir haben neue Götzen geschaffen. Die Anbetung des antiken goldenen Kalbs (vgl. Ex 32,1-35) hat eine neue und erbarmungslose Form gefunden im Fetischismus des Geldes und in der Diktatur einer Wirtschaft ohne Gesicht und ohne ein wirklich menschliches Ziel. Die weltweite Krise, die das Finanzwesen und die Wirtschaft erfasst, macht ihre Unausgeglichenheiten und vor allem den schweren Mangel an einer anthropologischen Orientierung deutlich – ein Mangel, der den Menschen auf nur eines seiner Bedürfnisse reduziert: auf den Konsum. Während die Einkommen einiger weniger exponentiell steigen, sind die der Mehrheit immer weiter entfernt vom Wohlstand dieser glücklichen Minderheit."
("Evangelii gaudium", Papst Franziskus 2013)
Dachte man früher an extreme Ungleichverteilung von Vermögen, fielen einem Länder wie Südafrika oder Brasilien ein. Inzwischen hat die Situation in Deutschland die früheren Vorstellungen über diese Länder eingeholt oder gar übertroffen:
90% der Bevölkerung hatten also 33,4% des Vermögens. 1% der Bevölkerung hatten 35,8%. Die Hälfte der Deutschen Bevölkerung hatten laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW ein Vermögen von 103 Mrd. €. Karl und Theo Albrecht, Stefan und Johanna Quandt, Adolf Merckle, Susanne Klatten, Reinhold Würth, August von Finck, Curt Engelhorn, Hasso Plattner, Madeleine Schickedanz, Maria-Elisabeth und Georg Schaeffler, Klaus-Michael Kühne, Otto Beisheim und Karl-Heinz Kipp besaßen 2007 (Die Welt, März 2007, nach Forbes Magazine) zusammen 134,3 Mrd. $. Nach dem damaligen Wechselkurs von 1,3 entspricht das einem Vermögen von über 103 Mrd. €.
2007 hatten 1% der reichen Bevölkerung mehr Vermögen
als 90% der deutschen Bevölkerung.
16 Einzelpersonen hatten zusammen schon mehr Vermögen
als die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung.
Stand 2012 nach dem Armutsbericht der Regierung 2012:
"Im September sendete Arbeitsministerin Ursula von der Leyen den Entwurf des Berichts wie üblich an die Kabinettskollegen. Schwarz auf weiß stand da zu lesen, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich weiter öffne - mit möglicherweise dramatischen Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. (...) Wirtschaftsminister Philipp Rösler legte sein Veto ein. Der Bericht der Ministerin sei "ausdrücklich falsch" und entspreche "nicht der Meinung der Bundesregierung". Das war ein ziemlich einmaliger Vorgang. Doch Rösler setzte sich durch. Der Bericht verschwand zur Überarbeitung. Seit Ende November lag eine zweite deutlich veränderte Fassung vor. Strittige Passagen wurden ganz gestrichen - wie zum Beispiel der Satz: "Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt."
(Rainald Becker (ARD) zum umstrittenen Armuts- und Reichstumsbericht, tagesschau 12:00 Uhr, 06.03.2013)
Eine vergleichbare Datenbasis wie 2007 findet sich in dem neuen Bericht leider nicht mehr.
"Die Reichen haben viel Lobbyarbeit investiert, um eine verlässliche Statistik zu verhindern. Sie wissen genau, dass eine Verteilungsdiskussion nicht geführt werden kann, wenn die Daten fehlen. Der eigentliche Skandal ist also nicht, dass die FDP hilflos am Text herumredigiert hat - sondern dass sich Deutschland einen Armuts- und Reichtumsbericht leistet, der über Reichtum nichts zu sagen weiß."
(Ulrike Herrmann, TAZ, 07.03.2013)
Die entscheidenden Ungerechtigkeiten in Deutschland liegen also nicht zwischen Rentenbeitragszahlern und Rentnern, zwischen Arbeitern und Hartz-IV-Empfängern, zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten oder zwischen Deutschen und Ausländern – sie sitzen alle letztlich im selben Boot. Auch Beamtengehälter (der „reiche“ Streifenpolizist) und selbst die Diäten von Politikern (der Chef einer Kleinstadtbank verdient mehr als die Bundeskanzlerin) sind nicht das Problem. All das sind Scheinkonflikte, die abwechselnd medial befeuert werden um das grundlegende Problem zu vertuschen:
Das Problem ist, dass die Menschen dieser Republik unter schlechter werdenden Bedingungen (leere öffentliche Kassen, arme Kommunen, Staatsschulden) immer mehr leisten müssen (Wirtschaftswachstum und Exportüberschuss produzieren), damit man ihnen gestattet, das deutsche Gesamtvermögen zu nutzen (Mietwohnungen, Kredite, etc.), welches nur einer Handvoll Menschen gehört.
Wenn das Einkommen großer Teile der Bevölkerung gerade reicht, um die laufenden Kosten zu bedienen, können diese Menschen kein Vermögen bilden. Statt eigenes Vermögen zu bilden zahlen sie, beispielsweise in Form von Miete, an jene, die bereits Vermögen gebildet haben und bauen so statt eigenem Vermögen das Vermögn jener aus, die bereits mehr besitzen, als sie für den eigenen Bedarf benötigen. Der Effekt verstärkt sich also kontinuierlich selbst.
Wer reich genug ist, um von seinem Kapitalgewinn nicht nur leben zu können, sondern erneut zu investieren, kann sein Vermögen ohne Arbeitsleistung unbegrenzt steigern, während jene, die auf niedrigem Niveau durch harte Arbeit versuchen Vermögen aufzubauen, dieses wieder aufbrauchen müssen, sobald sie länger arbeitslos werden, da ihnen erst nach dem Verlust ihres kleinen Vermögens Hilfe zusteht (siehe Arbeitslosengeld II, 2005 auf Initiative des SPD Bundeskanzlers Gerhard Schröder eingeführt). Für diese Menschen ist es letztlich besser, das Einkommen durch stärkeren Konsum direkt zu verbrauchen. Nach einer Phase der Arbeitslosigkeit fangen beide wieder bei null an, nur dass der, der für die Bildung von Vermögen hart sparte am gesellschaftlichen Leben nicht in dem Umfang teilnehmen konnte wie jener, der alles ausgab und anschließend gleich Anspruch auf Hilfe hatte.
Der Aufbau von Vermögen ist also für die, die von ihrer Arbeit gerade leben können unmöglich.
Für die, die mehr verdienen ist der Aufbau von Vermögen ein Risiko, während er für die, die für ihr Geld nicht arbeiten müssen zum Automatismus wird. Denn statt eigenes Vermögen zu bilden zahlen die Meisten an jene, die bereits Vermögen gebildet haben und bauen so statt eigenem Vermögen das Vermögn jener aus, die bereits mehr besitzen, als sie für den eigenen Bedarf benötigen.
Es ist somit nachvollziehbar, warum die Ungleichverteilung immer weiter zunimmt:
"Und weil die Ungerechtigkeit überhand nehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten."
(Bibel, Matthäusevangelium, 24, 12)
Doch statt über die Vermögensverteilung, wird öffentlich fast ausschließlich über ungleiche Löhne diskutiert und dann teilweise darauf verwiesen, dass doch der, der mehr leistet, auch mehr verdienen sollte. Und da man nicht objektiv messen kann, welche Leistung was wert ist, läuft die Diskussion immer ins Leere. Stattdessen sollte man besser die Frage stellen, welche Leistung eigentlich Großerben erbracht haben. Der 2010 verstorbene Theo Albrecht beispielsweise mag ja viel geleistet haben. Aber wieviel haben die geleistet, die nun 16 Milliarden Euro erben (Quelle: Liste der 500 reichsten Deutschen, wikipedia 2013)? Ein promovierter Doktor der Medizin, der im Krankenhaus arbeitet, Nachtschichten schiebt und im Notfall zur Stelle sein muss, verdient 4217 € im Monat (Deutsches Ärzteblatt, Jg. 109, Heft 4, 27. Januar 2012, C119). Davon zahlt er Steuern und Sozialversicherungsbeiträge und erhält netto etwa 2700 €. Selbst wenn er jeden Monat nur 700 € zum Leben brauchen und 2000€ jeden Monat sparen würde, müsste er acht Millionen Jahre lang arbeiten um das Geld zu erarbeiten, das die Erben von Theo Albrecht erhalten, ohne irgend etwas dafür zu tun. Und niemand stellt die Frage, warum irgend jemand überhaupt so viel erben muss. Statt Erbschaften aber auf ein paar Millionen Euro zu begrenzen, werden diese nicht einmal in der Höhe besteuert, wie die Arbeitsleistung von Menschen:
Bis 500.000 € sind Erbschaften an Ehegatten und Lebenspartner steuerfrei, danach beginnt der Steuersatz bei 7%. Erbt man als Ehegatte, Lebenspartner, Kind oder Enkel mehr als 26 Millionen Euro, so muss man 30% Steuern zahlen. Das klingt nach viel, aber wer sein Geld durch Arbeit verdient, bezahlt bis zu 47,48 % (Stand 2013). Und da bei den meisten großen Erbschaften Anteile an Betrieben oder Kapitalgesellschaften weitergegeben werden, sind diese Erbschaften dann nach der Erbschaftssteuerreform von 2008 von Union und SPD sogar fast oder vollständig steuerfrei. Und wieder ist der, der für sein Geld arbeiten muss, der Dumme, denn:
Wenn bei Erbschaften überhaupt Steuern gezahlt werden, so sind diese gering gegenüber den Steuern, die man bezahlt, wenn man sein Geld durch Arbeit verdient. Chancengleichheit wird so über Generationen hinweg vermieden. Entscheidend ist nicht die eigene Lebensleistung, sondern als wer man geboren wurde.
Die Lösung bestände deshalb nicht darin, das Leistungsprinzip zu verneinen und eine Art Sozialismus aufzubauen, sondern im Gegenteil, das Leistungsprinzip überhaupt erst einmal wieder einzuführen und den Zugang zu Vermögen durch Leistung zu erleichtern. Das setzt voraus, dass nicht nur Bildungschancen, sondern auch das Startkapital gerechter verteilt werden. Das freie Spiel der Kräft macht eben keinen Sinn, wenn man Monopoly spielt, und einer schon vor Beginn 90 Prozent der Straßen, des Geldes und der Hotels bekommt, sodass alle anderen ihre Zeit anschließend damit verbringen Miete zu zahlen.
Die Situation ist natürlich nicht auf Deutschland beschränkt und es ist schon bedenklich, dass sich gerade auch in „Vorbilddemokratien“ die Situation immer weiter verschärft. Die Ungleichverteilung in den USA ist noch deutlich stärker ausgeprägt als in Deutschland und in der Schweiz besitzt 1% der Bevölkerung bereits mehr als die restlichen 99% aller Menschen zusammen (Studie Credit Suisse 2010). Solange, wie in der Schweiz oder anderen sehr reichen Länder, selbst die Krümel für die Masse der Menschen ausreicht, um ihnen ein komfortables Leben zu ermöglichen, werden die Menschen kaum vor ihren Fernsehern aufstehen oder die Arbeit niederlegen. Nur wenn dieses fragile Wirtschaftssystem wie in Griechenland ins Wanken gerät, wird deutlich, dass die Bevölkerung verhungern soll, während ein paar Reiche vielleicht ein Glas Champus weniger trinken.
Geld regiert nicht die Welt, aber es regiert uns, solange wir dieses goldene Kalb weiter anbeten. Es geht nicht um Kommunismus oder Klassenkampf, es geht um unsere persönliche Entscheidung, was wir mit dem Geld machen, das uns zur Verfügung steht. Ob wir dem Geld dienen, oder ob wir mit dem Geld dienen:
"Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten."
(Bibel, Lukasevangelium, 16, 9)
"Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."
(Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland)
"Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon."
(Bibel, Matthäusevangelium, 6, 24)