Die Frage ist so alt wie die Antwort. Die Wissenschaft behandelt die Frage "wie" und der Glaube die Frage "warum". Solange die
Arbeitsbereiche klar getrennt sind, gibt es keine Probleme. Allerdings funktionierte diese
Arbeitsteilung im Laufe der Geschichte nur in Ausnahmefällen.
Zu groß ist die Versuchung, subjektiven Entitäten einen objektiven, "wissenschaftlichen" Gehalt zu unterstellen.
Die Annahme, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, lässt sich auf der Grundlage sehr weniger Axiome bestätigen, die zudem eine hohe Akzeptanz genießen. Indem ich versuche, in diesem Text nicht gegen die Axiome der Logik zu verstoßen, investiere ich bereits die Hoffnung, dass jene, die diesen Text lesen, die Prinzipien der Logik akzeptieren. Von einer Aussage wie der, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, lassen sich die meisten Menschen schnell überzeugen:
Bemerkung: Die 1 hat innerhalb der natürlichen Zahlen nur sich
selbst als Teiler.
Annahme: Es gibt nur endlich viele Primzahlen p1,
p2, ..., pn.
Damit gibt es eine größte Primzahl pn.
Sei nun k := (p1*p2*...*pn)+1
wobei k>pn gilt
=> k ist keine Primzahl
=> Es existiert ein i zwischen 1 und n, so dass pi
das k teilt. pi teilt aber auch p1*p2*...*pn
also auch die Differenz k-(p1*p2*...*pn)=1
(Widerspruch zur Bemerkung)
Abgesehen davon, dass man den Beweis im Sinne einer strengen Syntax schärfer formulieren könnte, werden sich kaum Einwände gegen diesen Beweis finden lassen. Doch das ist gar nicht das Problem. Die Frage ist vielmehr: Wie wichtig ist es für uns zu wissen, ob es unendlich viele Primzahlen gibt?
Die Frage, ob es einen Gott gibt, der es gut mit uns Menschen meint, der einen Plan und ein Ziel für unser Leben hat, der uns einmal zur Rechenschaft ziehen wird und dem wir uns schon in diesem Leben anvertrauen können, hat für das Leben der Menschen eine deutlich höhere Relevanz, vorausgesetzt, diese Frage wird zugelassen. Auch Fragen wie "Woher komme ich?" oder "Wohin gehe ich?" oder "Wozu lebe ich?" gehören zu diesem Bereich, dem sich der Glaubende öffnet. Betrachtet man die Ergebnisse jahrtausender langer Suche nach Antworten in Philosophie und Theologie, so fragt man sich, ob die Geisteswissenschaften jemals über die in sich widersprüchliche Feststellung "Ich weiß, dass ich nichts weiß" hinauskommen werden (Sokrates war laut Platon noch optimistischer und bekannte nur: Ich weiß, dass ich nicht weiß). Schon die Frage nach der Wahrheit entzieht sich hartnäckig dem kognitiven Zugriff:
Ich will die Wahrheit wissen und nicht irgend einen Müll glauben, deshalb zweifle ich alles an. Also: Angenommen ich zweifle alles an. Dann weiß ich zumindest, dass ich alles anzweifle. Das ist logisch. Ich muss also auch die Logik anzweifeln. Logisch - oder?! Also führt das auch nicht zum Ziel. Gut, ich zweifle also generell mein Denken an. Angenommen ich bin verrückt, dann kann ich mich sowieso nicht auf mein Denken verlassen und auch nicht darauf, dass ich alles anzweifle. Es gibt Dinge, an denen kann man als Mensch nicht zweifeln. Das verbietet schon die Psychologie. Aber wer sagt, dass sie recht hat? Psychologie basiert auf Beobachtung, Beobachtung auf Erkenntnistheorie, diese auf Logik ... aber warum glauben wir, dass alles logisch sein muß? Lehrt diese Welt nicht oft das Gegenteil? Oder bilde ich mir das nur ein?? Was sagen denn die anderen? Vielleicht kann ich mich an ihnen orientieren. Wie kamen denn die anderen zu ihrer Erkenntnis? Haben sie sich an den anderen orientiert??? Vielleicht gibt es ja gar keine absolute Wahrheit. Dann wäre aber die Aussage, dass es keine absolute Wahrheit gibt eine absolute Wahrheit. Das ist ein Widerspruch. Also gibt es entweder eine absolute Wahrheit, oder die Logik ist falsch - aber welchen Sinn machen dann Begriffe wie "richtig" und "falsch"? Was heißt dann, die Logik ist falsch? Und wenn es doch eine absolute Wahrheit gibt? Wenn man wüßte, das es eine gibt, hätte man schon eine. Angenommen, es gibt keine sichere Methode an Erkenntnis zu kommen (ich darf natürlich nicht wissen, dass es keine Methode gibt, sonst hätte ich ja eine gefunden, die mich eben zu dieser Erkenntnis bringt). Dann bleibt dennoch die Frage, warum wir manche Dinge glauben und andere nicht...
Die obige Argumentation ist kaum mehr als Rhetorik, sie zeigt aber sehr anschaulich das Problem. Die Frage nach einer absoluten Wahrheit ist interessant, aber wir bekommen keine wissenschaftlich scharfe Antwort. Seit David Hilbert ist man gerade in der Mathematik so sensibel geworden, dass man nicht mehr von "wahr" und "falsch" spricht, sondern nur noch von Widerspruch und Widerspruchsfreiheit. Dem "metaphysischen Ballast" konnte man nie gerecht werden und es zeugt von Weisheit, sich auf das zu beschränken, was man wirklich kann.
Ich habe diese beiden Ansätze verglichen, da sie die beiden Extrema der Diskussion um Glauben und Wissenschaft abstecken. Die Mathematik gibt die fundiertesten Antworten auf die unbedeutendsten Fragen und die Theologie und Philosophie die spekulativsten Antworten auf die existentiellen Fragen. Dazwischen spannt sich ein weites Feld. Man beobachtet, dass, je bedeutender die Fragestellungen werden, desto spekulativer die Antworten ausfallen. Das ist kein Zufall. Die Ursache liegt in der Notwendigkeit von Axiomen begründet. Axiome sind ihrem Wesen nach nicht beweisbar. Sie sind die Arbeitsgrundlage jeder Wissenschaft. Je klarer, reduzierter und anerkannter dieses Axiomensystem ist, desto eher werden die daraus gezogenen Konsequenzen als "objektiv" akzeptiert. Die Axiome stecken von vornherein die Bandbreite der mit ihnen beantwortbaren Fragestellungen ab. Das macht es notwendig, für bestimmte Fragestellungen das Axiomensystem zu erweitern. Wollen wir zum Beispiel die uns umgebende Welt wissenschaftlich untersuchen, so werden wir nicht nur deren Existenz annehmen, sondern auch, dass sie beobachtbar ist (ein Axiom der Naturwissenschaften, welches die Mathematik nicht benötigt). In der Physik gehen wir zudem davon aus, dass es Systeme gibt, die unter gleichen Anfangsbedingungen Raum- und Zeitinvariant sind. Diese Systeme werden durch mathematisch formulierte Naturgesetze beschrieben. Die Physik kann demnach allein aufgrund ihrer axiomatischen Basis keine Aussagen über Wunder im eigentlichen Sinne machen, da diese sich dem axiomatischen Instrumentarium entziehen: Sie können nicht prinzipiell an einem beliebigen Ort oder zu einer beliebigen Zeit rekonstruiert werden und entziehen sich damit der physikalischen Beobachtbarkeit. Natürlich könnte man das Axiomensystem ausweiten, um auch Aussagen über singuläre Ereignisse machen zu können, aber diese Aussagen werden dann nur soweit akzeptiert, wie die zusätzlichen Axiome akzeptiert werden. Die Verlockung ist daher groß, neu hinzugekommene Axiome zu unterschlagen und Folgerungen als Synthese der ursprünglichen, allgemein akzeptierten Axiome darzustellen. Aber selbst wenn Axiome nicht absichtlich unterschlagen werden, werden bei hinreichend langer Beschäftigung mit einer Disziplin oft die Grundlagen vergessen und man wird übermütig und wagt sich an Fragestellungen, die das axiomatisch vorgezeichnete Betätigungsfeld übersteigen. Im schlimmsten Fall wird "wissenschaftlich" gearbeitet, ohne das die Axiome je herausgearbeitet werden. Die hervorstechensten Aussagen, die solch ein Wildwuchs hervorbringt, sind meist die neuen Axiome selbst. Dazu einige Beispiele:
In der Theologie wird immer wieder versucht "wissenschaftlich" zu arbeiten. Eine beliebte Methode der Bibelexegese ist zum Beispiel die historisch-kritische. Wenn hier das Eingreifen Gottes in das natürliche Weltgeschehen zugunsten einer historischen Zugänglichkeit unterschlagen wird, ist das verständlich, aber nicht notwendig. Es handelt sich dabei um ein Axiom. Im Sinne dieses Axioms ist es nur konsequent, wenn Gerd Lüdemann davon ausgeht, Jesus sei im Grabe verwest. Die leibliche Auferstehung Jesu von den Toten wurde und wird von der Kirche als der Beleg für das Eingreifen Gottes ins Weltgeschehen gesehen. Greift aber Gott nicht in das Weltgeschehen ein, so ist auch Jesus nicht von den Toten auferstanden ((A => B) <=> (nicht B => nicht A)). Ob Gott jedoch in das Weltgeschehen eingreift, ist nach wie vor eine Frage des Glaubens. Natürlich kann sich die Theologie, wie die Naturwissenschaften, auf innerweltliche Faktoren beschränken. Aber welche Aussagen kann sie dann noch über Gott treffen? Wenn aber die Theologie keine Aussagen mehr über "theos", also Gott, macht, wofür ist sie dann noch gut?
Umgekehrt ist beispielsweise die Biologie eine Naturwissenschaft und darf daher nur "natürliche", also innerweltliche Faktoren als Erklärung akzeptieren. Der Versuch von Kreationisten, den Faktor "Gott" indirekt oder direkt bei der Erklärung der Entstehung der Arten einzuführen, schafft ein weiteres Axiom, dass die Überprüfbarkeit der Theorie ad absurdum führt. Es ist kein wissenschaftliches Experiment denkbar, das klären kann, welche von zwei verschiedenen Offenbarungen zur Erschaffung der Welt die falsche ist (vgl. wissenschaftliche Theorie), wenn ein allmächtiger Gott im Spiel ist. Ein allmächtiger Gott hätte diese ganze Welt auch vor fünf Sekunden spontan erschaffen können, samt allen Menschen, Artefakten, Pflanzen, Tieren, Fossilien und Gestirnen. Er hätte diese Welt schaffen können samt aller Erinnerungen aller Menschen und Lebewesen, samt aktueller Lichtausbreitung zwischen den Gestirnen und samt Isotopenzusammensetzung der Materie. Wir hätten keine Chance es jemals heraus zu finden. Manche Kreationisten bestehen auf einer "jungen Erde". Aber ihre "junge Erde" ist nicht plausibler als meine Fünf-Sekunden-Erde. Wer hat nun recht?
Eine wissenschaftliche Theorie zur Entstehung der Arten ist deshalb derzeit nur die Evolutionstheorie. Das heißt nicht, dass sie stimmt. Das heißt auch nicht, dass sie falsch ist. Sie ist die derzeit vernünftigste Arbeitshypothese. Und sie erfüllt als einzige das Kriterium, naturalistisch im pragmatischen Sinne zu bleiben. Es macht für einen Naturwissenschaftler einfach keinen Sinn, Götter, Geister, Engel oder andere zu berücksichtigen, die er messtechnisch weder direkt noch indirekt eindeutig bestimmen kann, selbst wenn diese existieren. Mit derartigen Faktoren lassen sich keine klaren Aussagen mehr ableiten und damit verliert die Theorie ihre wissenschaftlich notwendige Überprüfbarkeit. Bedenklich ist nur, dass eben diese grundsätzliche Überprüfbarkeit lächerlich wirkt, wenn es immer mehr zur Mode wird, sich öffentlich in vorauseilendem Gehorsam zur Evolutionstheorie zu "bekennen" um bloß nicht in den Verdacht zu geraten, Kreationist zu sein.
Wie die Welt und die sie bevölkernden Arten nun letztlich entstanden sind, dazu kann man verschiedene Ansichten haben. Selbst meine fünf-Sekunden-Theorie wäre logisch vertretbar, auch wenn sie aufgrund ihrer Beliebigkeit, wie das fliegende Spaghettimonster, kaum zu vermitteln wäre. Fragt man mich persönlich dazu, kann ich nur sagen: Ich weiß es letztlich nicht. Aber es spricht viel dafür, dass sich diese Welt in einem Entwicklungsprozess befindet. Die (wenn auch etwas angestaubten) Experimente von Stanley Miller und Harold Clayton Urey, zeigen Möglichkeiten zur chemischen Synthese komplexerer Moleküle. Die RNA-Welt-Hypothese könnte als Bindeglied zwischen der chemischen Sythese und der biologischen Evolution dienen und die biologische Evolution könnte anschließend die Arten in der Weise ausdifferenziert haben, wie wir sie heute zum Teil lebend oder als Fossilien vorfinden. Dass dieser Prozess zumindest grundsätzlich zu einem Komplexitätszuwachs im Sinne der Entstehung neuer, sinnvoller Information führen kann, zeigen zum Beispiel die Experimente von Richard Lenski ("The Evolutionary Origin of Complex Features", Nature 423, Mai 2003, S.139-143). Oft gewinnt man den Eindruck, der Evolutionstheorie wird von manchen Kreationisten stets nur das zugesprochen, was man nicht mehr leugnen kann. Dass dieser Lückenbüßergott eine schlechte Zukunftsperspektive hat, zeigten gerade Fortschritte wie die von Lenski. Für diesen Gott bleibt immer weniger zu tun und es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch der letzte nicht mehr einsieht, auf ihn zu bauen. Auch die oft postulierte nicht reduzierbare Komplexität hat in vielen Fällen nur die nicht reduzierbare Phantasie des Kreationisten als Ursache. Scheinbar ist für viele die Motivation zu gering, sich eine plausible Zwischenform vorzustellen, wenn man an einen direkten Schöpfungsvorgang glauben möchte. Dabei steckt Gott nicht in den Lücken, er wird durch naturwissenschaftliche Arbeitsweisen systembedingt grundsätzlich nicht erfasst. Das heißt aber nicht, dass er nicht da wäre.
Sowenig sich die biblischen Schöpfungsberichte in die biologische Forschung einbinden lassen, so wenig taugt eine auf Naturwissenschaften eingeengte Sichtweise zur Behandlung der grundlegendsten religiösen oder philosophischen Fragen. Wenn sich Stephen Hawking "Leben" in einem zweidimensionalen Universum nicht vorstellen kann, weil das Lebewesen aufgrund des Verdauungstraktes zwischen Mund und After auseinanderfallen würde ("Eine kurze Geschichte der Zeit"), löst das bei mir Fremdschämen aus für einen Professor, der zu dieser Zeit den Lucasischen Lehrstuhl in Cambridge inne hatte. Grundsätzlich macht es keinen prinzipiellen Unterschied, ob Prof. Werner Gitt versucht, mit dem Gott der Bibel die Evolutionstheorie zu widerlegen, oder ob Prof. Richard Dawkins mit der Evolutionstheorie versucht, Gott zu widerlegen. Wenn Menschen versuchen, wissenschaftlich auch die Fragen zu beantworten, die außerhalb ihrer Disziplin liegen, verwechseln sie allzu oft ihr intellektuelles Rettungsboot mit einem wissenschaftlichen Fundament und halten den sie umgebenden Ozean für eine Lücke, die bestimmt noch geschlossen wird. Wenn Dawkins meint, der Beweis für die Nichtexistenz Gottes werde noch erbracht ("Der Gotteswahn"), so kann ich als Christ mindestens ebenso gelassen darauf warten, wie er auf die Ablösung der Evolutionstheorie durch den Kreationismus. Bis dahin wäre von beiden Seiten wenigsten so viel Demut zu erwarten, dass Kinder einerseits keinen Kreationismus als Biologieunerricht verkauft bekommen, andererseits aber die wissenschaftstheoretische Grundlage von Theorien so klar herausgearbeitet wird, dass diese nicht mehr zur Beantwortung ontologischer Fragen missbraucht werden. Eine Theorie ist keine "Wahrheit" oder "Fakt". Wie vertrauenswürdig sie ist, hängt vor allem davon ab, wie gut sie ihre Kritiker empirisch widerlegt. Wenn Kreationisten die Evolutionstheorie mit innerwissenschaftlichen Argumenten in Frage stellen, so leisten sie einen wichtigen Beitrag für den Fortschritt in der Biologie. Die Kirche hätte viel lernen können, hätte sie den "Ketzern" zugehört, statt sie zu verbrennen. Viele hatten berechtigte Einwände. Das ist bei den "Ketzern" innerhalb der Naturwissenschaften nicht anders.
Es geht bei Streitgesprächen im Spannungsfeld Naturwissenschaft und Glaube letztlich um ein Axiom, das von Atheisten immer öfter unausgespochen vorausgesetzt wird: Die gesamte "Wirklichkeit" (was immer das ist) ist naturwissenschaftlich beschreibbar. Diese Annahme ist nicht etwa das Ergebnis intensiver Forschung, sondern ein weltanschaulicher Standpunkt. Man könnte auch sagen, eine "atheistische Glaubensüberzeugung". Während früher massenhaft sog. "Gottesbeweise" konstruiert wurden und jede Entdeckung als Beweis für die Schöpferaktivitäten Gottes angesehen wurden, ist es inzwischen modern, jede neue Erkenntnis als Argument gegen Gott zu interpretieren. Die naturalistische Abschaffung Gottes wurde zwar im deutschsprachigen Raum von vielen weitgehend ohne Begründung akzeptiert, aber die Bevölkerung hungert seit dem nach Spititualität und Transzendenz. Was bis vor kurzem als lächerlich abgetan wurde, wird jetzt allen Ernstes sogar "wissenschaftlich" aufbereitet: Esoterik. Wieder muss die Wissenschaft herhalten um die abstrusesten Theorien aufzuwerten. Salzkristalllampen, die negative Ioen in positive umwandeln sollen, Wasser, dass gesünder wird, wenn man "Liebe" auf das Glas schreibt, "Sonnenheilmittel" und "Mondwasser", Biophotonen und Hamer-Herde - alles klingt schön wissenschaftlich und entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Humbug. Statt einzugestehen, das z.B. reine Zuckerkügelchen in einer Doppelblindstudie genauso wirken wie reine Zuckerkügelchen, auch wenn man die einen "homöopatisch" nennt, werden immer neue Theorien entwickelt, um eine Wirkung zu erklären, die man als Plazeboeffekt längst erklären kann. Auch hier möchte man zurufen: "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" Der Verzicht auf Gott war wissenschaftlich gar nicht begründet. Ausgenutzt wurde nur die Autorität einer neuen Priesterklasse, die zur Zeit stärker von Atheisten vertreten wird. Sprach der historische Klerus Latein, so spricht der naturwissenschaftliche Klerus in Formeln, beriefen sich früher die Priester auf die Offenbarung, berufen sie sich heute auf die Empirie. Doch beide Grundlagen bedürfen der Auslegung. Damals wie heute wird die Arbeitsweise dieser Priesterklasse nur von wenigen wirklich verstanden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass jene, die involviert sind, weiterhin von ihrem Recht gebrauch machen, vermeintliche "Fakten" und "Wahrheiten" in Frage zu stellen.
Die Wissenschaft behandelt die Frage "wie" und der Glaube die Frage "warum". Vielleicht sollten hier die Begriffe schärfer gewählt werden. "Warum" in der Frage nach der Ursache einer Wirkung ist wissenschaftlich natürlich korrekt. Aber ein verunglückter Motorradfahrer, der, kopfabwärts gelähmt, fragt, warum gerade ihm das passieren musste, interessiert sich ja normalerweise nicht für die Mechanik des Unfallvorganges. Er fragt vielmehr nach dem Sinn. Doch diesen Sinn, sofern wir ihn überhaupt verstehen können, werden wir kaum in den physikalischen Gleichungen finden, die seinen Unfall beschreiben. Ich halte es demnach für hilfreich, die These unmissverständlicher zu formulieren: Die Wissenschaft fragt "wie" und der Glaube "wozu". Beide, Glaube und Wissenschaft, müssen sich bewähren. Die Naturwissenschaft an der messbaren-, der Glaube an der erlebten Wirklichkeit.
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